Business as usual derzeit noch bei uns in der Soi Chitlom. Diese ist normalerweise eine Einbahnstraße, mittlerweile wird sie in beiden Richtungen befahren, weil die Ploenchit mittlerweile vollgestopft mit (friedlichen) Demonstranten ist. Der zweite Google Streetview zeigt links die Soi Citlom und im weiteren Verlauf die Ploenchit. Ab dieser Kreuzung ist geradeaus kein Durchkommen mehr. Ich werde mir also mit meinem Moped heute abend einen Schleichweg suchen müssen. Heute morgen war die Stadt zwar recht leer (ungefähr wie an einem Samstagmorgen), aber alle Mitarbeiter sind zur Arbeit erschienen.
Worum geht es eigentlich?
Die Unruhen sind der momentane Höhepunkt eines nun schon seit acht Jahren schwelenden Konflikts zwischen der royalistischen Mittelschicht (die Gelben) und der ärmeren, meist ländlichen Bevölkerung (die Roten), letztere sind meist Anhänger der amtierenden Premierministerin Yingluck Shinawatra, Schwester des verbannten, ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra. Thaksin wurde im Jahre 2006 durch das Militär gestürzt und 2008 in Abwesenheit wegen Machtmissbrauchs zu einer Gefängnissstrafe verurteilt, es wird ihm aber nachgesagt, daß er weiterhin über seine Schwester wesentlichen Einfluss auf die thailändische Politik nimmt.
Seit November 2013 wurden anässlich der Demonstrationen bereits acht Menschen, darunter zwei Polizisten, getötet und Dutzende verletzt.
Die Demonstranten richten sich nicht gegen die Bevölkerung oder gegen Ausländer. Zweck des derzeitigen „Bangkok Shutdown“ ist es, die kommunale Verwaltung in einen Zustand der Arbeitsunfähigkeit zu versetzen. In der jüngeren Vergangenheit wurden bereits mehreren Ministerien kurzerhand die elektrische Energie gekappt.
Die Proteste nahmen ihren Anfang im November 2013, als die Regierung versuchte, durch eine Amnestie Thaksin die Rückkehr nach Thailand zu ermöglichen. Der Gesetzentwurf wurde schließlich zurückgezogen, die Proteste indes gingen weiter.
Das erklärte Ziel des Anführers der regierungskritischen Bewegung, Suthep Thaugsuban, ist es, den Einfluss der Familie Shinawatra auf die thailändische Politik zu beseitigen, aber er sagt auch, dass er die Proteste abbrechen würde, sobald ein Bürgerkrieg droht. Auch Pro-Thaksin-Gruppen haben Kundgebungen in mehreren Provinzen Thailands begonnen, derzeit aber noch nicht in Bangkok.
Die Regierung hat 10.000 Polizisten eingesetzt, um Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten, 8.000 Soldaten sind hauptsächlich in der Nähe von Regierungsstellen stationiert. „Wir wollen keine Konfrontation mit den Demonstranten […] An einigen Stellen werden wir sie in Regierungsgebäude lassen“, ließ Außenminister Surapong Tovichakchaikul am Sonntag verlauten.
„Das Ziel ist nicht Bürgerkriegrieg […] Wir müssen den Druck auf die Regierung aufrecht erhalten, bis sie gelähmt ist und nicht mehr funktionieren kann“, sagte Kasit Piromya, ehemaliger Außenminister und Mitglied der Opposition, der Presse.
Suthep möchte die von Yingluck Shinawatra ausgerufenen Neuwahlen am 2. Februar dieses Jahres verhindern, weil die Ministerpräsidentin diese laut Umfragen wahrscheinlich wieder gewinnen würde. Stattdessen fordert Suthep eine Übergangsregierung („Aussetzung der Demokratie“), die erste politische Reformen durchsetzen soll.
Die Demonstrationen beeinträchtigen die Touristen in Bangkok nach Angaben der Tourismus-Behörde (TAT) kaum. „Das Leben in Bangkok und im Rest von Thailand geht ganz normal weiter“, berichtete die Organisation heute. Die Touristenattraktionen wie z.B. der Königspalast sind trotz Demonstrationen wie üblich geöffnet. Auch die Einkaufszentren entlang der Sukhumvit sind offen. Sie sollen am Abend allerdings statt um 22.00 Uhr schon um 20.00 Uhr schließen.
Ich kann die Einschätzung der TAT zwar aus eigener Erfahrung bestätigen, zweifle aber doch sehr daran, dass Touristen sich zur Zeit wirklich wohlfühlen in Bangkok.
Brennpunkte der Demonstrationen in Bangkok, Januar 2014 Grössere Ansicht in neuem Fenster öffnen
Foto von heute nachmittag, etwa 200m Luftlinie von unserer Firma entfernt. Das Nachhausefahren wird ein Spass heute abend. :)
Aerial photo looking down on protesters in front of Central World (Via @RujTH) pic.twitter.com/45vtFyz59V #Bangkok #BKKShutdown
— Richard Barrow (@RichardBarrow) January 13, 2014
Fahrt nach Hause gestern kein Problem. Chitlom links auf die Ploenchit (rechter Fahrstreifen gesperrt), links auf die Wittayu (in beiden Richtungen befahrbahr), rechts auf die Petchaburi (in beiden Richtungen befahrbar) und schließlich links auf die Ramkhamhaeng (in beiden Richtungen befahrbar) bis zur Soi4. Heute morgen das ganze zurück, ebenfalls kein Problem. Es ist kalt in Bangkok. 22 Grad um 9:40 Uhr.
Wir haben unsere Mitarbeiter heute um 16:00 Uhr nach Hause gehen lassen. Nicht das irgend etwas gefährlich gewesen wäre, nein – sie wollten „einfach mal schauen gehen“ :) Naja, der Mensch ist halt ein Augentier.