Sechs Monate Ubuntu – ein Umstieg lohnt sich

Anfang November letzten Jahres bin ich, nachdem Windows wieder einmal in einem Zustand war, der eine Neuinstallation erforderlich gemacht hätte (wie oft eigentlich schon, in all den Jahren seit der Version 3.x), auf Ubuntu umgestiegen. Nach sechs Monaten der ausschließlichen Verwendung von Ubuntu 11.10 wird es Zeit für einen Erfahrungsbericht. Ich schildere dies aus der Sicht eines Webentwicklers, der bereits einiges an Erfahrung mit Linux hat. Jemand der seinen PC ausschließlich zum Spielen und zum gelegentlichen Betrachten von Webseiten benutzt, mag das Folgende durchaus anders sehen. Also bitte berücksichtigen: Ich benutze einen Computer ausschließlich zum Arbeiten.

Da ich deshalb auf einen funktionierenden Computer angewiesen bin, schließlich müssen Aufträge erledigt werden, habe ich erst einmal mein Notebook zum Testen benutzt. Hier traten ein paar Probleme mit einer alten Grafikkarte (GeForce Go 7300) auf, das Notebook ist schon etwas älter. Diese waren aber recht schnell gelöst und die Installation war trotzdem erfolgreich. Mein erster Kontakt mit dem Unity-Desktop war indes nicht gerade Liebe auf den ersten Blick. Ich hatte mir etwas mehr erhofft und die Konfigurationsmöglichkeiten schienen mir recht eingeschränkt. Da ich ja probieren wollte, löschte ich am selben Tag wieder alles und installierte Mint. Das sah zwar sehr hübsch aus, aber so richtig warm wurde ich auch damit nicht.

Folglich war erst einmal wieder Informieren angesagt und ich habe einige der recht kontrovers diskutierten Beiträge zum Thema Unity-Desktop gelesen. Die Quintessenz dieser Diskussionen könnte man mit „Was der Bauer nicht kennt, das frißt er nicht“ umschreiben. Entweder man mag es und kommt damit zurecht oder eben nicht. Und der „normale“ Gnome Desktop steht ja ebenfalls zur Verfügung, man muß ihn beim Anmelden (anstelle von Unity) eben explizit auswählen.

Unity ist anders. Windows-Benutzer sind das Start-Menü gewohnt und erwarten ein hierarchisches Gebilde, wo sie jedes installierte Programm finden und es starten können. Bei Unity gibt es das so nicht. Man arbeitet mit Dokumenten, nicht mit hierarchischen Menüs. Da meine Motivation ja war von Windows nach Linux zu wechseln, brauchte ich nicht unbedingt ein „Microsoft Linux“ (also ein Ubuntu, das sich genauso verhält wie Windows), sondern zwang mich, andere Ansätze zumindest einmal auszuprobieren. Um es vorwegzunehmen: Es hat sich gelohnt. Unity ist Klasse.

Hat man das neue Betriebssytem erst einmal auf der Platte, macht sich doch recht schnell Ernüchterung breit. Es fehlt schon so Einiges, trotz Ubuntu Software Center mit tausenden von OpenSource Programmen. Vor allem fehlen die Schriften, ohne die Webentwicklung für Kunden unmöglich ist. Aber auch diese Hürde konnte mit Hilfe dieser Anleitung in weniger als einer Stunde genommen werden. Nicht nur die Installation wird hier Schritt für Schritt beschrieben, sondern auch das, was nach der Installation noch alles zu erledigen ist. Inklusive Schriften, Flash, Java, Skype und viele andere Hilfsmittel, die unverzichtbar sind.

Nach ein paar Tagen des Ausprobierens habe ich eine neue Festplatte gekauft, die Windows-Platte als Zweite dazugestöpselt, Ubuntu auf der Neuen installiert und alle Daten kopiert. Sicher ist sicher, zu dem Zeitpunkt war keineswegs klar, daß der Umstieg von Dauer sein würde. Ich wollte einfach sicherstellen, daß meine alte Umgebung sofort wieder bootbar ist. Seit diesem Tag arbeite ich ausschließlich mit Ubuntu, Windows läuft als lizensierte Version in einer VirtualBox. Webentwickler brauchen den Internet Explorer, daran führt kein Weg vorbei. Wine ist zwar gut und schön aber für diese Zwecke leider nicht brauchbar.

Nach weiteren zwei Wochen haben wir unser gesamtes Netzwerk (mehr als 10 PCs und Notebooks) auf Ubuntu umgestellt. Bereut hat es niemand. Die Akzeptanz bei den Mitarbeitern war erstaunlich positiv. Es sind alles relativ junge Leute und die werden sich wohl gesagt haben, wenn der „Alte Sack“ das kann, dann können wir das erst recht. Thais sind flexibel (wenn sie wollen).

Ich kann den Umstieg (für Webentwickler) uneingeschränkt empfehlen. Es fehlt nichts. Im Gegenteil, wir haben jetzt ein Netzwerk, das sich einfach administrieren läßt, ganz ohne Assistenten und Wizards, die einem ständig etwas empfehlen, nur nicht das war gebraucht wird. Auch der Standard-Ratschlag „Boote mal Deinen Rechner neu“ ist überflüssig geworden.

Auf dem selben Notebook, das vor sechs Monaten schon als Testobjekt herhalten mußte, läuft momentan das Upgrade auf die neue Version 12.04 (Precise Pangolin), von dem derzeit eine Beta vorliegt und das am 26. April 2012 erscheinen wird. Erst einmal ausprobieren, sicher ist sicher.

1 Gedanke zu „Sechs Monate Ubuntu – ein Umstieg lohnt sich“

  1. Sehr geehrter Herr Bunkerd,

    endlich habe ich eine Webseite gefunden, wie Diese.
    Ich selbst bin gerade dabei umzusteigen und habe bereits (noch) neben meinem Win7 das Ubuntu installiert und in einer VMware das Win7 noch mal installiert.
    – Da es auch bei mir Programme gibt die eben Win… brauchen –

    Auch ich muss mich seit ca. 2 Wochen stark damit auseinander setzen, dass es eben nicht mal so schnell mit Setup.exe getan ist.
    Und ich will auch den Mut nicht verlieren mich am Terminal zu versuchen und daran zu wachsen.

    Was mir persönlich aufgefallen ist, dass je länger ich im UBUNTU bin, um so intuitiver wird es ja auch.

    Allerdings fehlt mir im Netz noch Die Hilfe, wie Sie, Ihre oben beschreiben.

    Also vorab vielen Dank für Ihre Bemühungen.

    Und ich hoffe, dass ich wieder lerne – so auch bei Ihnen –

    Mit besten Grueßen aus Hamburg

    Christoph

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