Die omnipräsente Nazikeule

Akif Pirinçci hat ein Buch geschrieben. Das tat er nicht zum ersten Mal. Vorher waren es Katzenbücher, diesmal geht es um Ausländer und andere in Deutschland „heiße Themen“. Dass es ein solches Buch auf Platz 3 der SPIEGEL Best­seller schafft (Stand 10. Mai 2014), erhitzt logischerweise die Gemüter der „Gutmenschen“ in „diesem unserem Lande“. Obwohl – mein Land ist es gar nicht mehr so richtig. Ich bin selbst Ausländer und weiß recht gut, wie es sich anfühlt, ein solcher zu sein. Ohne Anpassung kommt ein Ausländer in Thailand nicht sehr weit. In Deutschland passen sich stattdessen lieber die „Inländer“ an.

Vorausschicken muß ich, dass ich das Buch noch nicht gelesen habe. Ich würde es zwar gerne, aber bei amazon.com gibt es das nur als Paperback, nicht als Kindle-Version. Bei amazon.de (wo es die Kindle-Version tatsächlich gibt) kann ich von Thailand aus nicht bestellen. Nun gut, irgendwann werde ich das Buch schon einmal ergattern.

Deutschland von Sinnen
Deutschland „von Sinnen“

Das Problem bei der Diskussion um Ausländer und Migrationsstämmige in Deutschland ist die Hypersensibilisierung der Bevölkerung gegenüber rassistischer Polemik. Da die Nazikeule nach wie vor keinen Waffenschein braucht und jeder jeden als Hexe sorry, Nazi bezichtigen darf, sind sowohl die meisten Medien wie auch Politiker stets darum bemüht, ja keinen Verdacht aufkommen zu lassen, es könnte vielleicht bestimmte Ausländer in Deutschland geben, die nicht unbedingt willkommen sind. Die Thais indes tun sich da wesentlich leichter. Die „Will­kommens­kultur“ ist in Deutschland Mandat und Verpflichtung, wer sich dem widersetzt, bietet Angriffsfläche für profilierungssüchtige Aktivisten, die mit der Nazikeule bewaffnet sind. Die einzigen, die sich trauen etwas zu sagen, sind leider die wenigen echten Nazis und einige „ethnisch unverdächtige“ wie eben Akif Pirinçci.

Es gibt kaum jemanden im „demokratischen Lager“, der es wagt die Ansprüche des deutschen Volkes an Zuwanderer zu diskutieren, da sie allesamt Angst vor der Nazikeule haben. Die Presse und die Medien helfen tüchtig mit – möglicherweise aus politischer Überzeugung oder aufgrund anti­faschis­ti­scher Profilierungssucht – und stellen, wohl ohne je richtig nachzudenken, die Diffamierung der „welt­fremden Ewiggestrigen“ als den einzig gangbaren Weg dar. Da drängt sich allerdings die Frage auf, wer hier eigentlich „weltfremd“ ist.

Ich lebe nun seit über sieben Jahren in Thailand. Ich muß mich alle drei Monate bei der Immigration melden, bekomme dann einen Sticker in den Pass und muß jedes Jahr mein Visum verlängern lassen. OK, das ist zwar jedesmal nur eine Formsache, aber auch wenn ich noch zwanzig Jahre hier leben sollte und mich nicht einbürgern lasse, wird sich das kaum ändern. Wenn ich einen thailändischen Pass haben will, verlangt man von mir, dass ich Thai werde. Und zwar richtig, nicht nur auf dem Papier. An einen Rentner, der in Thailand seinen Lebensabend verbringen möchte, stellen die thailändischen Behörden die Forderung, dass er Geld in’s Land bringt. Eine Forderung an den thailändischen Staat, er möge mich doch bitte unterstützen, weil leider Ebbe in der Kasse herrscht, würde mit nichts als einem, ob dieses Ansinnens völlig verständnis­losen, Lächeln quittiert werden. Trotzdem bleibe ich hier, weil es mir hier gefällt. Mich an das anzupassen, was hier in Thailand nun einmal Usus ist, ist keine Option, sondern eine unabdingbare Voraussetzung für ein Leben hier. Gefällt mir das nicht, kann (und sollte) ich sehr schnell das Weite suchen, so wird man es mir, freundlich aber bestimmt, zur Kenntnis bringen.

Ich persönlich glaube nicht, dass Religionen und Kulturen stets miteinander vereinbar sind. Meistens widersprechen sie sich in zu vielen Auffassungen, Angehörige unterschiedlicher Kulturen können dennoch zusammenleben. Dazu müssen sie sich nicht unbedingt mögen, sie müssen sich nur an geltende Gesetze halten. Lessings Parabel ist zwar schön zu lesen, als Ratgeber für unsere heutige Gesellschaft taugt sie aber nicht. Die Leute mit den „großen Lautsprechern“ sind sich alle viel zu ähnlich und verkünden unisono immer wieder den gleichen Mist.

Die Journalisten der großen Zeitungen sind leider nicht mehr ehrlich, ja zuweilen sogar sehr unehrlich. Wer ausgewogen informiert sein will, kann sich nicht mehr auf sie verlassen. Trotzdem gibt es durchaus Themen, bei denen sie nicht Partei sind, wo sie gute Arbeit leisten. Eine Ursache für Pirinçcis Buch und seinen Erfolg ist sicherlich auch die immer weiter voranschreitende Spaltung der Gesellschaft. Dort wäre anzusetzen. Aber wohin wollen wir?

Wie immer wird der Normalbürger von den Mainstream-Medien mit hoch erhobenem Zeigefinger empfangen und findet sich auf der Anklage­bank wieder. Er soll nichts als arbeiten, zahlen, schweigen und ab und zu sein Kreuzchen an der richtigen Stelle machen… Akif Pirinçci zieht dieses Mißverhältnis an die Oberfläche, wird zum Sprachrohr und gibt „Otto Normalverbraucher“ ein Gesicht mit seinem Buch. Die Derbheit der Sprache ist pointiert und wohl auch an genau den richtigen Stellen gesetzt. Die vermeintlichen Anachronisten und „Wutbürger“ auf der anderen Seite, fühlen sich von der so geprägten Dauer-Berichterstattung allerorts erschlagen und sehen sich als letzte Bastion des „guten, alten Deutsch­land“, dessen Argumente mit erwähnter omnipräsenten Nazikeule erschlagen werden. Aus diesem Ohnmachtsgefühl resultiert leider häufig eine sehr undifferenzierte Meinungsbildung und -äusserung zu bestimmten gesellschafts­politischen Themen. Ein Teufelskreis.

Ist das ganze Buch etwa nichts weiter als Satire?

Deutsche Frau, du bist die schönste unter der Sonne. Dem Manne wird der Atem geraubt, wenn er dich erblickt, du Blume. Deutscher Mann, du bist das starke Geschlecht. In deinen Seelen ruht die Kraft und die Herrlichkeit des deutschen Landes. Akif Pirinçci – Deutschland von Sinnen

Wie dick muss man eigentlich noch auftragen, um zu verdeutlichen, dass man es nicht ernst meint, dass man nur provozieren will? Eine kurze Lesung des Autors bei Youtube.

Akif Pirinçci schrieb schon mit drei Jahren seine Autobiographie Fläschchen leer, die jedoch wegen drastischer Schilderungen von Fäkal- und Kotzszenen keinen Verlag fand. Mit zehn Jahren erhielt er den Literaturnobelpreis – bis man ihm sagte, daß es sich bloß um einen Telefonstreich gehandelt habe. […] Akif Pirinçcis „Legende“ – http://www.deutschland-von-sinnen.de/akif-pirincci/

Wenn Akif Pirinçci sich eines Tages hinstellt und fragt „Wie blöd seid ihr eigentlich? Ihr kapiert absolut nichts!“ — was macht ihr dann, liebe Gut­menschen? Es gebührt ihm auf jeden Fall Lob und Anerkennung dafür, den Konsens der leider etwas verrückt gewordenen Nutznießer des links­grünen Mainstreams zerdeppert und ein paar der heiligen Säulen ins Wanken gebracht zu haben. Well done! Schade, dass es nicht noch ein paar mehr vom Schlage eines Akif Pirinçci gibt, auch wenn er übertreibt und sich mitunter im Ton vergreift — ja, warum denn nicht?
Er tut nämlich genau das, was dieser Tage leider viel zu selten gemacht wird: Er vertritt einen Standpunkt und zwar ohne das übliche, politisch korrekte, nichtssagende Geblubber, liebe Leserix!